Die Sage vom Nonnensee
Vor vielen hundert Jahren war an der Stelle, wo
heutzutage der Nonnensee liegt, ebenes, festes Land, und mitten darin
stand ein großes Nonnenkloster. Die Nonnen des Klosters waren sehr
reich, so dass alle ihre Gerätschaften aus lauterem Golde verfertigt
waren; aber sie waren auch so geizig, dass sie keinem Bettler, der bei
ihnen vorsprach, etwas gaben. Der Reichtum machte sie allmählich immer
übermütiger, und als sie zuletzt gar große Mengen Salz auf die Erde
streuen ließen, um im Sommer Schlitten fahren zu können, da nahm es mit
ihrer Herrlichkeit ein jähes und schreckliches Ende.
Das
Kloster versank in einer Nacht (nach anderer Überlieferung an einem
Pfingstsonntag) in die Tiefe, so dass man niemals wieder eine Spur davon
gesehen hat; denn alsbald bildete sich ein See, welcher die ganze
Umgebung des früheren Klosters überflutete. Nur am Ostermorgen oder, wie
andere sagen, in der Neujahrsnacht oder am Pfingstmorgen kann man
Glockengeläut und klagende Stimmen aus der Tiefe des Sees herauftönen
hören. Auch erzählt die Sage, dass das Wasser des Sees von den vielen
Tränen der armen versunkenen Nonnen salzig geworden sei.
Des
Nachts aber ist es am Ufer dieses Sees nicht geheuer, und Leute, welche
die hier vorüberführende Landstraße von Bergen nach Patzig gehen müssen,
suchen es zu vermeiden , bei Nachtzeit diesen Weg zu machen.
Aus A. Haas:
Rügensche Sagen. Stettin 1922 |