Das Storchland
(Eine Sage vom Ostseestrand)
Im Herbst ziehen die Störche
fort, weit gen Süden geht ihr Flug in ein fernes Land. Dort angekommen,
verwandeln sie sich in Menschen, aber auch dann ernähren sie sich wie vordem
nur von Weichtieren, Fröschen und Mäusen.
Ein alter rügenscher Schiffer hat solches
ganz ernsthaft berichtet. Wochenlang war sein Schiff auf dem Meer der
Spielball furchtbarer Stürme gewesen. Da erreichte er endlich, nachdem er es
mitsamt der Mannschaft verloren hatte, einen fremden Strand und war
gerettet. Als er auf Menschen traf, bat er um Speise und Trank. Bereitwillig
setzten sie ihm eine ganze Schüssel vor, aber der Schiffer schüttelte sich,
denn sie war voller Frösche und Mäuse.
Dass ihm das nicht zusagte, konnten die Leute
kaum verstehen. »Sind wir bei Euch zu Gast, so haben wir ja auch nichts
anderes.«
Da fragte der Fischer nun doch sehr
verwundert, ob sie schon jemals auf Rügen gewesen seien, und er vernahm zu
seiner Überraschung, dass sie sich jeden Frühling verwandelten und die warme
Zeit des Jahres im Norden als Störche zubrachten. Er sei gerade zu den
Leuten gekommen, die im Sommer immer auf Rügen lebten und deshalb dort mit
Land und Leuten gut Bescheid wüssten und sogar ihn selber schon gesehen
hätten.
Wie der Schiffer dann nach Rügen heimgekehrt
ist, weiß keiner mehr zu sagen, zu weit liegt das schon zurück. |